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Affe mit Schädel (Hugo Rheinhold)

Im Jahr 1893, auf der alljährlichen „Großen Berliner Kunstausstellung“ am Lehrter Bahnhof, erregte das Werk eines bis dahin völlig unbekannten Bildhauers besondere Aufmerksamkeit, weil es witzig, geistvoll kritisch, amüsant und philosophisch tiefgründig war. Die kleine, etwa 30 cm große Plastik zeigte einen – auf einem Stapel alter Folianten thronenden – Schimpansen, der in nachdenklicher Pose einen menschlichen Schädel in seiner rechten Hand betrachtet.


Der Bildhauer Hugo Rheinhold hatte sie ein Jahr zuvor nach erfolgreicher Ausbildung an der Berliner Königlichen Hochschule der bildenden Künste als sein Meisterstück, als Prüfungsarbeit also, abgeliefert. Auffällig war das kleine Kunstwerk u. a. deshalb, weil es nicht, wie damals üblich, staatstragend die grassierende „Denkmalswut“ bediente. Vor allem aber beeindruckte es die zeitgenössischen Kritiker als ein „Kabinettstück überlegenen Humors“.
Um diesen Effekt zu erzielen, bediente sich der Künstler listig gleich dreier weltbekannter Zitate, um sie zu einer völlig neuen Aussage zu verschmelzen:das erste Zitat ist der Schöpfungsgeschichte im Alten Testament entnommen, das zweite, damals schon Kunstgeschichte, die erst 11 Jahre vorher geschaffene Skulptur des „Denkers“ von Auguste Rodin, das dritte, ein Zitat William Shakespeares, erinnert an Hamlet, der auf dem Kirchhof den Schädel seines früheren Spielgefährten Yorrick betroffen in den Händen wiegt.
 

Affe mit Schädel von Hugo Rheinhold


Die Berliner Bildgießerei Hermann Gladenbeck & Sohn, (seit 1888 Aktiengesellschaft vorm. H. Gladenbeck & Sohn) in Friedrichshagen erwarb noch während der Ausstellung die Original-Skulptur sowie das Recht, davon Bronzeabgüsse in verschiedenen Größen herzustellen und zu vertreiben.

Textauszug: Jochen Richter und Axel Schmetzke